• slider 001 1
  • slider 001
  • 2020 Parolen
11.11.2025: Stellungnahme der „AG Eigenbedarf kennt keine Kündigung — E3K“ zur Konferenz eines Bündnis „Wohnungsnot durch Umwandlung und Eigenbedarfskündigungen stoppen“ im November 2025 in Berlin

E3K Logo


10 Monate vor den Landtagswahlen in Berlin ruft ein Bündnis zu einer Konferenz mit dem Titel „Wohnungsnot durch Umwandlung und Eigenbedarfskündigungen stoppen“ auf. Als Initiatoren werden der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins sowie 5 Berliner Bezirksstadträte aufgeführt. Für einen „Tag für Empowerment und politische Lösungen“ wird via flyer, webpage und gezielten Briefen geworben. Dazu wurde eine große Halle angemietet. Es soll „Zweigleisig für sicheres Wohnen: Vernetzung & politische Reformen“ gefahren werden. Mittels „Sichtbarkeit entsteht Zusammenhalt“ und „So beginnt oft der Weg zur Selbstorganisation“, heißt es im farbigen Hochglanz-flyer.

5 Kernforderungen, unter anderem zu den Themen Umwandlung, Transparenz und Eigenbedarfskündigungen wurden vorgegeben.
Die Kernforderung zum Thema Eigenbedarfskündigung sind laut flyer: „Eigenbedarfskündigungen einschränken! Schluss mit vorgetäuschtem Eigenbedarf. Es braucht klare strenge Regeln, um Missbrauch zu verhindern.“
Offensichtlich hat keine Person, die dies formuliert hat, in den vergangenen Monaten an einer der fast wöchentlich stattfindenden solidarischen Prozessbegleitungen infolge von Eigenbedarfskündigungen an den Berliner Gerichten teilgenommen. Dabei gehen oft 20-30 betroffene und solidarische Mieter:innen gemeinsam zu den Verhandlungen und unterstützen und stärken Mieter:innen, die vor Gericht um ihre Wohnung kämpfen. Bei den vielen Prozessen sehen wir, wie Menschen, die angesichts des gesellschaftlichen Problems Wohnungsnot keine Wohnung finden, aber über ausreichend Geld verfügen, sich eine Wohnung zu kaufen und Mieter:innen aus Wohnungen rausklagen um selbst dort einzuziehen. Was in der Presse seit langem als „gekaufter Eigenbedarf“ thematisiert wird, scheint das Bündnis dieser Konferenz nicht zu kennen. Hier spätestens hätte das Fachwissen und die Expertise der institutionellen Mieter:innen-Organisation wirksam werden können, sofern die involvierten Rechtsanwält:innen die Grunddaten der Verfahren nach Eigenbedarfskündigungen — also wer kündigt für wen und warum werden Prozesse verloren oder gewonnen — an diese Organisation zurückgetragen und diese die Daten statistisch ausgewertet hätten.
Als Kernforderung Maßnahmen gegen „fake“-Kündigungen zu fordern, zeigt, dass das Bündnis den realen Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt hinterherhinkt.

So ganz klar scheint sich das Bündnis zum Thema Eigenbedarfskündigungen eh nicht zu sein, werden doch auf der webpage des Bündnisses andere Forderungen zu diesem Thema gestellt. Unter Punkt 4 der Forderungen heißt es: „Eigenbedarf einschränken!“ Weiter heißt es dort „Ziel ist es, Eigenbedarfskündigungen auf ein verantwortbares Minimum zu beschränken“. Was „ein verantwortbares Minimum“ an Eigenbedarfskündigungen für wen sein soll, bleibt das Geheimnis der Erfinder:innen dieser Forderung. Eine solche Forderung aus dem Mund von betroffenen um ihre Wohnung kämpfenden Mieter:innen haben wir in den vergangenen 7 Jahren unserer Aktivitäten noch nie vernommen. Letztlich will das Bündnis 2 Forderungen an die Bundesregierung stellen: Einerseits soll die Bundesregierung mittels §573 BGB die Möglichkeit des Eigenbedarfs auf „Eigentümern und Verwandten ersten Grades“ mit „dauerhaften Hauptwohnsitz“ am Wohnungsort einschränken. Dass diese Forderung an der Realität der aktuellen Eigenbedarfskündigungen vorbei geht, haben wir oben bereits erläutert.
Unsere Erfahrungen der letzten beiden Jahre sind, dass dem gekauften Eigenbedarf meist der Rausschmiss der bisher in der Wohnung lebenden Mieter:innen, für die Einzugsabsicht der Eigentümer:innen selbst oder deren Kinder folgt. Eine solche Gesetzesänderung läuft folglich ins Leere. Andererseits sollen „Mieter, die zum Zeitpunkt des Kaufs schon in der Wohnung wohnten“ mittels Änderung §577a BGB geschützt werden. So sollen diese von Eigenbedarfskündigung ausgeschlossen werden oder eine 10 jährige Karenzzeit erhalten. Was von 10 Jahresfristen zu halten ist, zeigen die aktuell auslaufenden Sozialbindungen.
Die Eigenbedarfskündigung für (Bestands-) Mieter:innen beim Kauf einer Wohnung auszuschließen, mag sich gut anhören, ist aber de facto eine Aufspaltung der Mieter:innen, die von Eigenbedarfskündigung betroffen sind. Eine Umwandlung mit anschließendem Verkauf einer Wohnung kann, muss aber nicht einer Eigenbedarfskündigung vorausgehen. Ein Blick in die Studien von Christoph Trautvetter, der ebenfalls an der Konferenz teilnimmt, hätte zu der Erkenntnis geführt, dass die größte Gruppe der Berliner Vermieter:innen die Gruppe der privaten Vermieter:innen ist. Und all diesen Vermieter:innen steht das Werkzeug Eigenbedarfskündigung zur Verfügung. Konkret heißt das, dass tausende von Mieter:innen beim Schutz vor Eigenbedarfskündigungen nach Vorstellung des Bündnisses im Regen stehen gelassen werden. Dass die Politik mittels „teile und herrsche“ agiert, überrascht nicht. Dass hier aber institutionelle Mieter:innen-Organisationen und Mieter:innen-Initiativen mitmachen, ist nicht nachzuvollziehen!


Ein Bündnis und eine Konferenz, die Transparenz einfordert, sollten selbst zu Transparenz beitragen. Für uns bleibt es vollkommen unklar, wie der Entscheidungsprozess zu diesen Forderungen ablief. Es waren wohl nicht viele gegen ihre Eigenbedarfskündigung kämpfende Mieter:innen dabei. Transparenz bei Umwandlungen fordern, aber mit Bezirksstadträten zusammenarbeiten, die Mieter:innen erst im Vorfeld des Kongresses über bereits vor Jahren durchgeführte Umwandlungen informieren, hinterlässt einen Beigeschmack; und bei einigen Mieter:innen auch reichlich Wut.

Werfen wir einen Blick auf die Zusammensetzung der Konferenz, wird schnell klar worum es geht: Unter der flyer-Überschrift „Diese Menschen können Sie treffen“ werden 37 Personen aufgelistet. Genau 1 Person davon kommt aus dem Umfeld der Mieter:innen-Bewegung, sofern sie denn wirklich teilnimmt, da dort nur angefragt steht. Schauen wir uns die Informationen auf der webpage an, sieht die Sache kaum besser aus. Von knapp 50 gelisteten Personen, kommen ganze 8 Personen aus der Mieter:innenbewegung. Und auch hier nur insofern wir davon ausgehen, dass die vagen Formulierungen wie „angefragt“ oder „Vertreter von“ kein Bluff sind. Halten wir also fest: Die Mieter:innen-Bewegung, die seit über 15 Jahren überwiegend selbstorganisiert das Thema Kampf gegen Mieten und gentrification mit Leben und Inhalt füllt, Menschen zu Kundgebungen und auf die Straße bringt, zu Themen wie Zwangsräumung, Ent- und Aneignung, Eigenbedarfskündigungen und vielen anderen schon arbeitete, als sich noch keine institutionelle Mieter:innen-Organisation, geschweige denn Politiker:in dafür interessiert hatten, ist im Veranstalter:innenbündnis und der Konferenz nur marginal vertreten. Die größte Gruppe gelisteter Teilnehmer:innen sind Politiker:innen. Wen wundert das angesichts der Gründungsmitglieder knapp ein Jahr vor der Wahl.

Letztlich bestätigen Vorbereitung, geplanter Ablauf, Zusammensetzung und Forderungen der Konferenz sowie des Bündnisses die jahrelange Erfahrung, dass eine selbstbestimmte Organisierung mit Politiker:innen und institutionellen Mieter:innen-Organisationen
nicht möglich ist. Beide Gruppen hängen den realen Veränderungen der gesellschaftlichen Probleme, wie Wohnungsnot hinterher und schränken durch ihre Handlungs- und Zeitrahmen sowie ihre Zielsetzungen den Handlungsspielraum der Mieter:innen ein.

Wir, die Arbeitsgruppe Eigenbedarf kennt keine Kündigung, kurz E3K, sind aktiver Teil der Mieter:innen-Bewegung, die gegen ALLE Eigenbedarfskündigungen kämpft.
Wir tolerieren keine Spaltung unter den Mieter:innen.
Die Konferenz und das Bündnis „Wohnungsnot durch Umwandlungen und Eigenbedarfskündigungen stoppen“ macht das nicht.
Deshalb können wir diese Konferenz nicht unterstützen!

Gegen ALLE Eigenbedarfskündigungen!
Eigenbedarf kennt keine Kündigung — E3K
Wir bleiben alle!

Stellungnahme zum Download als PDF-Datei.